Rundstedt: ein preußischer Mörder

An der Gedenkstätte im alten belgischen Städtchen Stavelot, unweit der Abtei, habe ich während einer Exkursion am 19. März Rosen niedergelegt. Im Dezember 1944 ermordeten Soldaten der deutschen Waffen-SS während der Ardennen-Offensive dort 133 Bürgerinnen und Bürger. In Malmedy ermordete die gleiche Truppe 82 gefangen genommene amerikanische Soldaten.

Der Nazigeneral Gerd von Rundstedt (1875–1953) befehligte die Ardennen-Offensive, manchmal auch Rundstedt-Offensive genannt. Das sinnlose Abschlachten Tausender von deutschen und amerikanischen Soldaten diente dem militärischen Ziel, das Ende Nazideutschlands in die Länge zu ziehen und die Zahl der Überlebenden zu reduzieren. Als Heeresgruppenführer an der südlichen Ostfront segnete Rundstedt 1941 den berüchtigten antisemitischen Massenmordbefehl des Generals Walter von Reichenau ab. Als Kommandant in Frankreich lieferte er August 1942 die 2190 kanadischen und britischen Gefangenen des gescheiterten Angriffs auf Dieppe an die Gestapo aus. Als Vorsitzender des »Ehrenhofs der Wehr­macht« stieß er August 1944 die am Widerstand beteiligten Offiziere aus der Wehrmacht aus, damit sie nicht vom Reichskriegsgericht abgeurteilt, sondern Freislers Volksgerichtshof zum Fraß vorgeworfen werden konnten. Wegen des Reichenau-Befehls klagte ihn die britische Besatzungsmacht 1946 als Kriegsverbrecher an, führte den Prozess aber nicht zu Ende, angeblich wegen seines Alters und seiner schlechten Gesundheit.

Er war ein faschistischer Mörder par excellence. Doch hört die Titel der nach dem Krieg über ihn verfassten Biographien: »Von Rundstedt: The Soldier and the Man« (Günther Blumentritt 1952). »The last Prussian« (Charles Messenger 1991). »Generalfeldmarschall Gerd von Rundstedt« (Detlef Vogel 1998). Und hier der Höhepunkt der Salbaderkunst: »Sein Leben und Wirken im Spannungsfeld gesellschaftlicher Einflüsse und persönlicher Standortbestimmung« (Rudolf Günter Huber 2004). Der Autor Blumentritt war selbst faschistischer Offizier und 1944 Rundstedt unterstellt. Der Gymnasial­lehrer Huber ließ sich laut Rezension in der FAZ von seinem Nachbarn inspirieren, einem ehemaligen Major aus Rundstedts Stab. Eine antifaschistische Anklageschrift aus der Perspektive seiner Opfer wurde offenbar bis heute nicht geschrieben.

Veröffentlicht von

Jens J. Korff

Historiker, Politologe, Texter, Rheinländer in Westfalen, Sänger, Radfahrer, Wanderer, Naturbursche, Baumfreund, Pazifist

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