Champagner für die Deserteure!

Gegen Aggres­soren helfen nur die besseren Waffen?

Seit über drei Jahren erleben wir in der Ukraine, wie dieses Basta­dogma der Milita­risten Tag für Tag absurder wird. Nein, die vielen Waffen dort helfen offen­sicht­lich nicht, den Krieg zu beenden. Und viele Tausend Menschen erleben es nicht, weil sie dabei elend gestorben sind. Ich habe einen anderen Vorschlag:

  1. Wir nehmen ein Zehntel des Geldes, das die NATO für Waffen und Munition für die Ukraine ausgibt, und verwenden es, um eine Infra­struktur aufzu­bauen, die russi­schen Deser­teuren und Kriegs­dienst­flücht­lingen syste­ma­tisch hilft.
  2. Wir sorgen dafür, dass die nach Kasach­stan, Georgien, Armenien, Belarus und in die Türkei geflüch­teten Deser­teure und Kriegs­dienst­flücht­linge sichere Aufent­halts­orte in Europa, Nordame­rika, Japan, Südkorea, Austra­lien und Neusee­land bekommen.
  3. Finnland und Polen öffnen ihre Grenzen für russi­sche Deser­teure und Kriegs­dienst­flücht­linge. Sie werden nach ihrer Flucht weiter weg in Sicher­heit gebracht.
  4. Unsere Geheim­dienste machen sich nützlich, helfen den Flücht­lingen, sich an ihren meuen Wohnorten zu tarnen, und enttarnen russi­sche Agenten, die sich darunter mischen wollen.  
  5. Wir retten mit eigenen Hubschrau­bern usw. russi­sche Deser­teure direkt aus den Kampf­ge­bieten.
  6. Wir belohnen alle geret­teten Deser­teure und Kriegs­dienst­flücht­linge mit einer Wohnung und einem anstän­digen Gehalt. Viele davon sind begehrte Fachkräfte.
  7. Wir machen diese Maßnahmen in Russland publik.

Ich wage die Prognose: Sobald diese Maßnahmen einen deutli­chen Zug entwi­ckeln und viele russi­sche Soldaten und Leute, die von einer Einbe­ru­fung bedroht sind, anziehen, werden die russi­schen Generäle ihre Kriegs­hand­lungen einstellen müssen, um die Kontrolle über ihre Soldaten zu behalten. Mit Soldaten, die man in Kasernen beisammen hält, kann man keinen Krieg mehr führen. Dies wird Putin zwingen, den Krieg zu beenden und der Ukraine einen akzep­ta­blen Friedens­schluss anzubieten.

Leicht abgewan­delt als Flugblatt auf dem Biele­felder Oster­marsch am 19. April 2025 verteilt

Ein Philosoph universaler Menschenrechte im Feuer der Kriegstreiber

Der israe­lisch-deutsche Philo­soph Omri Boehm sollte im April 2025 bei der Gedenk­feier zum 80. Jahrestag der Befreiung des KZ-Lagers Buchen­wald sprechen, einge­laden von der Stiftung Gedenk­stätten Buchen­wald und Mittelbau-Dora. Wie Gedenk­stät­ten­leiter Jens-Chris­tian Wagner dem »Spiegel« erklärte, sah er sich nach einer Inter­ven­tion der israe­li­schen Botschaft gezwungen, Boehms Rede zu verschieben und die Gedenk­feier ohne den Philo­so­phen zu veran­stalten (Bericht Die Zeit). Wagner deutete in einem Gespräch mit dem WDR3 Mosaik an, dass die israe­li­sche Botschaft damit gedroht hatte, Druck auf die aus Israel anrei­senden Zeitzeugen auszu­üben, um eine Rede Boehms zu verhin­dern oder zu skanda­lisieren. Was sind die Hinter­gründe?

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Kolonialismus oder Antisemitismus? Arnold Gehlen hilft weiter

Aktuelle Ausein­an­der­set­zungen wie die um indone­si­sche Wandbilder auf der documenta fifteen (2022) oder um den Terror des 7. Oktober 2024 und den anschlie­ßenden Gazakrieg führen immer wieder in eine Sackgasse, in der der Schutz von Jüdinnen und Juden vor antise­mi­ti­scher Gewalt und der Kampf mit dem kolonia­lis­ti­schen Erbe in einen unüber­brück­baren Gegen­satz zu geraten scheinen.  Meine These ist, dass die histo­ri­sche Analyse des Nazire­gimes Tritt­steine gesetzt hat, die aus der Sackgasse heraus­führen können. Ich blicke über 30 Jahre zurück: Der Histo­riker Chris­tian Graf v. Krockow analy­sierte 1990 in seinem Essay »Die europäi­sche Vernunft und das deutsche Drama«[1] die Frage, warum es in Deutsch­land [und Italien] ein faschis­ti­sches Régime gab, in Großbri­tan­nien, Frank­reich [und Usa] jedoch nicht. Dort bezog er sich auf den konser­vativ-faschis­ti­schen deutschen Sozio­logen Arnold Gehlen. Über Gehlen und Krockow kommen wir einen Schritt weiter, wenn wir den Kolonia­lismus in die Analyse mit einbe­ziehen.

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AfD-Ergebnis unschön, aber keine Katastrophe

Insge­samt ist das Ergebnis der Europa­wahl am 9. Juni 2024 schlimm, der befürch­tete Rechts­ruck ist tatsäch­lich einge­treten, am schlimmsten in Frank­reich. In Deutsch­land  erzielte die AfD knapp 16 % der Stimmen. Das ist meines Erach­tens aller­dings keine Katastrophe für die deutsche Demokratie, sondern ein eher schwa­ches Ergebnis.

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Der Krieg als Vater der Illusionen

Ab 2022 wurden deutsche Kriegs­treiber nicht müde, ihre grimmige Freude über das angeb­liche Zerbre­chen von „Illusionen“ der für vergangen und überwunden erklärten Friedens­zeit auszu­drü­cken. Der israe­li­sche Psycho­loge und Histo­riker Eran Rolnik wider­sprach ihnen in einem Vortrag vor dem Sigmund-Freud-Institut: „Der Kriegt wirkt kontra-analy­tisch, und nicht nur, weil er etwas Gewalt­sames ist, sondern weil er unser Verhältnis zur Humanität entzau­bert, unsere Illusionen verstärkt und unbewusste archai­sche Fanta­sien auslöst.“

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Putin ist kein Hitler, sondern ein Hindenburg

Es wimmelt seit 2022 von Gleich­set­zungen des Krieges in der Ukraine mit der Ermor­dung der Juden durch die Nazis 1941–1945. Sie sind so falsch und irrefüh­rend wie alle Shoah-Gleich­set­zungen.

Bildrechte:
[1] Fried­rich II., Von Anton Graff – Origi­nally uploaded to de.wikipedia (All user names refer to de.wikipedia):18:53, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskus­sion) . . 286 × 350 (17967 Byte)18:51, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskus­sion) . . 286 × 350 (17967 Byte), Gemein­frei, https://​commons​.wikimedia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​5​2​9​840
[2] Wilhelm II. 1888, Von Bundes­ar­chiv, Bild 146−1993−098−12 /​ Reichard & Lindner /​ CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://​commons​.wikimedia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​5​4​8​3​581
[3] Hinden­burg 1915, Von Original: Nicola Perscheid (1864–1930) – Staats­bi­blio­thek zu Berlin – Preußi­scher Kultur­be­sitz [1], Gemein­frei, https://​commons​.wikimedia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​4​8​0​2​6​107
[4] Putin 2013, Von Kremlin​.ru, CC BY 4.0, https://​commons​.wikimedia​.org/​w​/​i​n​d​e​x​.​p​h​p​?​c​u​r​i​d​=​3​7​5​6​4​928
Montage: Jens Jürgen Korff 2024, via Canva

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Stefan Austs Gewaltkultproblem und seine aktuellen Folgen

Der konser­va­tive Journa­list und »Welt«-Herausgeber Stefan Aust lieferte im Februar 2024 eine histo­risch anmutende Abrech­nung mit dem angeb­lich grün träumenden »Ampel­deutsch­land« ab. Der Ökonom und Entwick­lungs­experte Helmut Feder­mann schickte sie mir zu. Der durch und durch konser­vativ und milta­ris­tisch gestrickten Analyse möchte ich bei fast jedem Satz des bekannten Publi­zisten wider­spre­chen. Vier Beispiele aus seiner Einlei­tung:

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Voller Morden? Nein, die Welt ist voller Küsse.

Eine Welt voller Küsse: Massen­küssen in Zürich (Youtube-Video)

Der briti­sche Philo­soph Thomas Hobbes behaup­tete im 17. Jahrhun­dert, die Mensch­heit sei von Natur aus in einen Krieg aller gegen alle verstrickt, und nur dank einiger absoluter Herrscher sei dieser Kriegs­zu­stand in vielen Ländern unter­drückt. In anderen Gestalten tauchte das gleiche Dogma seitdem immer wieder auf. Etwa in der Form: “Die Welt ist voller Morden” (Walter Flex 1917). Oder: „Wo man hinschaut: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden.“ So geisterte es 2014, hundert Jahre nach Beginn des I. Weltkriegs, durch Kommen­tare, Modera­tionen und Facebook-Beiträge.[1] 2023, mit dem Ukrai­ne­krieg und dem neuen Nahost­krieg im Nacken, schien alles noch viel schlimmer geworden zu sein. Doch ich bin geneigt, das Dogma in dieser Form für einen Irrtum zu halten, den man buchstäb­lich wider­legen kann. Denn jeden, der mich jetzt ungläubig und kopfschüt­telnd anstarrt, bitte ich, den Bildschirm für drei Minuten auszu­schalten und in dieser Zeit alle Länder aufzu­zählen, in denen jetzt, also am heutigen Tage, Menschen im Krieg gestorben sind.

Ja, meine Liebe, mein Lieber – welche Länder sind das?

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Das Böse im Auge

Das erste Foto hat mir schon gereicht: eine Schnell­straße, zwei quer stehende, ausge­brannte Autos, aufge­ris­sene Türen. Auf der Fahrbahn liegen, schemen­haft zu sehen, die Leichen der beiden Fahrer. Die Hamas ist im Zentrum des Bösen angekommen. Muss ich irgendwas revidieren? Ich glaube nicht, denn als Pazifist und Friedens­kämpfer habe ich diese Truppe und Mörder­bande auch vorher schon nicht ausstehen können oder genauer: als feind­liche Kraft erkannt.

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Herrmanns Heuchelei zum Schutz der Schützen

Im bayeri­schen Ort Langweid hat ein Sport­schütze im Juli 2023 mit seiner legal erwor­benen Mordwaffe drei Nachbarn erschossen. Der bayeri­sche Innen­mi­nister Joachim Herrmann (CSU) erklärte danach eiligst, man dürfe sich nun keines­wegs Gedanken über die Legalität von Mordwaffen in den Händen von Sport­schützen machen. Statt­dessen müsse man erst einmal heraus­finden, wieso der Täter derartig ausge­rastet sei: „In welchem Verein war er Mitglied? Wie hat sich das entwi­ckelt? Hat man vorher irgend­welche Probleme bei dem Täter erkennen können, dass er psychisch auffällig war?“ Was für eine Heuchelei!

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