Aktuelle Auseinandersetzungen wie die um indonesische Wandbilder auf der documenta fifteen (2022) oder um den Terror des 7. Oktober 2024 und den anschließenden Gazakrieg führen immer wieder in eine Sackgasse, in der der Schutz von Jüdinnen und Juden vor antisemitischer Gewalt und der Kampf mit dem kolonialistischen Erbe in einen unüberbrückbaren Gegensatz zu geraten scheinen. Meine These ist, dass die historische Analyse des Naziregimes Trittsteine gesetzt hat, die aus der Sackgasse herausführen können. Ich blicke über 30 Jahre zurück: Der Historiker Christian Graf v. Krockow analysierte 1990 in seinem Essay »Die europäische Vernunft und das deutsche Drama«[1] die Frage, warum es in Deutschland [und Italien] ein faschistisches Régime gab, in Großbritannien, Frankreich [und Usa] jedoch nicht. Dort bezog er sich auf den konservativ-faschistischen deutschen Soziologen Arnold Gehlen. Über Gehlen und Krockow kommen wir einen Schritt weiter, wenn wir den Kolonialismus in die Analyse mit einbeziehen.
Kolonialismus oder Antisemitismus? Arnold Gehlen hilft weiter weiterlesenKategorie: Frieden
AfD-Ergebnis unschön, aber keine Katastrophe
Insgesamt ist das Ergebnis der Europawahl am 9. Juni 2024 schlimm, der befürchtete Rechtsruck ist tatsächlich eingetreten, am schlimmsten in Frankreich. In Deutschland erzielte die AfD knapp 16 % der Stimmen. Das ist meines Erachtens allerdings keine Katastrophe für die deutsche Demokratie, sondern ein eher schwaches Ergebnis.
AfD-Ergebnis unschön, aber keine Katastrophe weiterlesenDer Krieg als Vater der Illusionen
Ab 2022 wurden deutsche Kriegstreiber nicht müde, ihre grimmige Freude über das angebliche Zerbrechen von „Illusionen“ der für vergangen und überwunden erklärten Friedenszeit auszudrücken. Der israelische Psychologe und Historiker Eran Rolnik widersprach ihnen in einem Vortrag vor dem Sigmund-Freud-Institut: „Der Kriegt wirkt kontra-analytisch, und nicht nur, weil er etwas Gewaltsames ist, sondern weil er unser Verhältnis zur Humanität entzaubert, unsere Illusionen verstärkt und unbewusste archaische Fantasien auslöst.“
Der Krieg als Vater der Illusionen weiterlesenPutin ist kein Hitler, sondern ein Hindenburg
Es wimmelt seit 2022 von Gleichsetzungen des Krieges in der Ukraine mit der Ermordung der Juden durch die Nazis 1941–1945. Sie sind so falsch und irreführend wie alle Shoah-Gleichsetzungen.
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[1] Friedrich II., Von Anton Graff – Originally uploaded to de.wikipedia (All user names refer to de.wikipedia):18:53, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskussion) . . 286 × 350 (17967 Byte)18:51, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskussion) . . 286 × 350 (17967 Byte), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=529840
[2] Wilhelm II. 1888, Von Bundesarchiv, Bild 146−1993−098−12 / Reichard & Lindner / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5483581
[3] Hindenburg 1915, Von Original: Nicola Perscheid (1864–1930) – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz [1], Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48026107
[4] Putin 2013, Von Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37564928
Montage: Jens Jürgen Korff 2024, via Canva
Stefan Austs Gewaltkultproblem und seine aktuellen Folgen
Der konservative Journalist und »Welt«-Herausgeber Stefan Aust lieferte im Februar 2024 eine historisch anmutende Abrechnung mit dem angeblich grün träumenden »Ampeldeutschland« ab. Der Ökonom und Entwicklungsexperte Helmut Federmann schickte sie mir zu. Der durch und durch konservativ und miltaristisch gestrickten Analyse möchte ich bei fast jedem Satz des bekannten Publizisten widersprechen. Vier Beispiele aus seiner Einleitung:
Stefan Austs Gewaltkultproblem und seine aktuellen Folgen weiterlesenVoller Morden? Nein, die Welt ist voller Küsse.
Der britische Philosoph Thomas Hobbes behauptete im 17. Jahrhundert, die Menschheit sei von Natur aus in einen Krieg aller gegen alle verstrickt, und nur dank einiger absoluter Herrscher sei dieser Kriegszustand in vielen Ländern unterdrückt. In anderen Gestalten tauchte das gleiche Dogma seitdem immer wieder auf. Etwa in der Form: “Die Welt ist voller Morden” (Walter Flex 1917). Oder: „Wo man hinschaut: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden.“ So geisterte es 2014, hundert Jahre nach Beginn des I. Weltkriegs, durch Kommentare, Moderationen und Facebook-Beiträge.[1] 2023, mit dem Ukrainekrieg und dem neuen Nahostkrieg im Nacken, schien alles noch viel schlimmer geworden zu sein. Doch ich bin geneigt, das Dogma in dieser Form für einen Irrtum zu halten, den man buchstäblich widerlegen kann. Denn jeden, der mich jetzt ungläubig und kopfschüttelnd anstarrt, bitte ich, den Bildschirm für drei Minuten auszuschalten und in dieser Zeit alle Länder aufzuzählen, in denen jetzt, also am heutigen Tage, Menschen im Krieg gestorben sind.
Ja, meine Liebe, mein Lieber – welche Länder sind das?
Voller Morden? Nein, die Welt ist voller Küsse. weiterlesenDas Böse im Auge
Das erste Foto hat mir schon gereicht: eine Schnellstraße, zwei quer stehende, ausgebrannte Autos, aufgerissene Türen. Auf der Fahrbahn liegen, schemenhaft zu sehen, die Leichen der beiden Fahrer. Die Hamas ist im Zentrum des Bösen angekommen. Muss ich irgendwas revidieren? Ich glaube nicht, denn als Pazifist und Friedenskämpfer habe ich diese Truppe und Mörderbande auch vorher schon nicht ausstehen können oder genauer: als feindliche Kraft erkannt.
Das Böse im Auge weiterlesenHerrmanns Heuchelei zum Schutz der Schützen
Im bayerischen Ort Langweid hat ein Sportschütze im Juli 2023 mit seiner legal erworbenen Mordwaffe drei Nachbarn erschossen. Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte danach eiligst, man dürfe sich nun keineswegs Gedanken über die Legalität von Mordwaffen in den Händen von Sportschützen machen. Stattdessen müsse man erst einmal herausfinden, wieso der Täter derartig ausgerastet sei: „In welchem Verein war er Mitglied? Wie hat sich das entwickelt? Hat man vorher irgendwelche Probleme bei dem Täter erkennen können, dass er psychisch auffällig war?“ Was für eine Heuchelei!
Herrmanns Heuchelei zum Schutz der Schützen weiterlesenHeute im Programm: Wagner für Warlords
Im Juni 2023 wagte Alexander Prigoschin, Kommandant der russischen Söldnertruppe »Wagner«, einen Putschversuch gegen Präsident Putin und Kriegsminister Schoigu, denen er Versagen bei der Planung des Krieges gegen die Ukraine vorwarf. Das WDR3-Mosaik spielte am 27. Juni aus diesem Anlass den Pilgerchor aus Richard Wagners Oper »Tannhäuser«, und Moderator Michael Struck-Schloen wunderte sich über den Namen »Wagner«. Ja, damit sei tatsächlich der Komponist Wagner gemeint. Aber was, um Himmels willen, habe denn Wagner und seine Musik mit dem Krieg zu tun? Ich erlaube mir hier zu antworten.
Bild: Cesare Viazzi: La cavalcata delle Valchirie (Der Ritt der Walküren) – Wikimedia Commons
Heute im Programm: Wagner für Warlords weiterlesenDie wunderbare Welt der Panzer
Einer freut sich ’nen Säbel über den Krieg: Der Leopard-Hersteller Rheinmetall. Sicher auch BASF und andere Chemiekonzerne, die Grundstoffe für die Munition liefern. Die Zeitung “Werben & Verkaufen (W&V)” untersuchte und bewertete im Februar 2023 die dazu passenden Werbekampagnen von Rheinmetall. Ich zitiere Auszüge.
Die wunderbare Welt der Panzer weiterlesen