Deutschland ohne Nazis I: Bismarck und Bebel im Finale

Die Nazizeit, sagte AfD-Gauland, war ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte. OK, wir schauen uns den Rest der Geschichte an! Deckt er die ewigen Legenden der Konservativen und Deutschnationalen? Oder finden Linksdemokraten und Pazifistinnen dort ihre Wurzeln? Fragen an den Historiker Korff. Im ersten Teil der Serie lässt Korff Bismarck und Bebel gegeneinander antreten.

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Was Elon Musk gegen die Künstliche Intelligenz hat

Ende März 2023 veröffentlichte das Future of Life Institute in Narberth, Pennsylvania (USA), einen offenen Brief, der die KI-Labore wegen drohender Gefahren zu einem sechsmonatigen Entwicklungs­moratorium und die Gesetzgeber zu regulierenden Gesetzen aufrief. Zu den Erstunterzeichnern gehörten Tesla- und Twitter-Chef Elon Musk, der Apple-Mitbegründer Steven Wozniak und der Skype-Gründer Jaan Tallinn. Der Aufruf brachte einmal mehr ohne Indizien oder Begründung die KI in Zusammenhang mit Propaganda und Lügen („Should we let machines flood our information channels with propaganda and untruth?“) und stellte weitere steile Thesen auf wie die, dass KI uns Menschen überall ersetzen und die Zivilisation wegen KI außer Kontrolle geraten könne. Alles rhetorisch so gesetzt, als seien die KI-Entwickler, also Leute von OpenAI, Microsoft und Google, Menschen, die das alles wollen oder billigend oder fahrlässig in Kauf nehmen, und als seien die Unterzeichner die Leute, die das nicht wollen.

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Wird die KI das Problem der »Fake News« verschlimmern?

Im internen Chat eines Berufsverbands der Kreativwirtschaft ging es seit Dezember 2022 hoch her: Viele Kolleginnen und Kollegen probierten den KI-Bot ChatGPT aus und tauschten sich über ihre Erfahrungen aus. Eine Kritik an der neuen Technik kam immer wieder auf: die Prognose, die KI werde von Konzernen, Diktatoren und Trollen dazu genutzt werden, gewaltige Fluten von »Fake News« zu erzeugen, die die allgemeine Verwirrung noch weiter steigern werden. Als Historiker und Politologe frage ich: Ist diese Prognose plausibel? Und ist das wirklich das zentrale Problem der KI-Bots?

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Gibt es ein Primat der „Todesverhinderung“?

Die deutsche Schriftstellerin Thea Dorn hat April 2021 die Seuchenregime der europäischen Regierungen kritisiert: Sie stünden unter dem Primat einer „Todesverhinderung“ um jeden Preis, nämlich auch um den Preis schwerwiegender und langfristiger Schäden für Demokratie, Gesellschaft und Kultur. Anonyma hat wiederum diesen Begriff scharf kritisiert: Er könne aus dem „Wörterbuch des Unmenschen“ stammen, das Dolf Sternberger und andere 1945-48 in Artikelform verfassten, oder gar aus LTI, der von Victor Klemperer 1947 kompilierten „Sprache des Dritten Reiches“. Also bin ich als Historiker und Texter gefragt, der Sache nachzugehen.

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Eine Herrschaft der Dummen gibt es nicht

Seit dem späten 19. Jahrhundert warnen Sozialdarwinisten in Deutschland vor einer zunehmenden Verdummung der Menschen und einer Machtübernahme der Dummen. Grund sei die höhere Vermehrungsrate der Dummen und die niedrigere der Intelligenten. In der Regel paarte sich diese kulturpessimistische Klage mit der Klage über die Demokratie: Die Demokratie führe zu einer Herrschaft der Dummen (Ochlokratie) und gefährde deshalb den Fortbestand der Kultur. Sie müsse durch eine Oligarchie (Herrschaft der Wenigen) oder Aristokratie (Herrschaft der Besten) ersetzt werden, sagt diejenige politische Strömung, die um 1800 aus der Rechtfertigung der Vorrechte des Adels entstanden ist. Diese beiden Theorien sind durch den Verlauf der Geschichte der letzten 150 Jahre hinreichend widerlegt, um als falsch gelten zu können.

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„Die Grünen streben eine Ökodiktatur an.“ Wer soll das glauben?

Oder, eine Nummer kleiner: „Die Ökos wollen uns bevormunden“ oder „Die Grünen sind eine Verbotspartei“. Letzteres behauptete Focus.de zuletzt am 24.10.2019. Als Beweis schlechthin für diese steile These gilt seit dem Sommerloch 2013 der ominöse „Veggieday“, den ein CDU-Politiker, die Frankfurter Allgemeine und die Bild-Zeitung damals im Wahlprogramm der Grünen als Forderung entdeckten. Um ein Signal gegen den enormen Fleischkonsum der Deutschen zu setzen, sollten öffentliche Kantinen nach dem damaligen Willen der Grünen Bundesdelegierten nur vegetarische Gerichte anbieten. Journalisten und politische Gegner fertigten daraus den Popanz eines Versuchs, allen Deutschen vorzuschreiben, was sie zu essen hätten.

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„Die Politik hat versagt“? Falscher Sprachgebrauch

Mit Politik war bis ins frühe 21. Jahrhundert in der Regel ein Tätigkeits- und Interessengebiet der Menschen gemeint. Politik war etwas, das man macht; genauer: etwas, das in einer Demokratie sogar jeder von uns machen kann. „Politik machen“ hieß: sich um Angelegenheiten des Staates, der Gesellschaft, des öffentlichen Zusammenlebens der Menschen kümmern; sich informieren, sich eine Meinung bilden, diese Meinung öffentlich äußern, mitdiskutieren, Vereine bilden, demonstrieren, abstimmen, wählen, kandidieren. Um 2005 änderte sich die Bedeutung des Wortes Politik. „Die Politik hat versagt“? Falscher Sprachgebrauch weiterlesen

Ist Politik ein schmutziges Geschäft?

Dilma Rousseff. Foto: Roberto Stuckert Filho/Presidência da República
Dilma Rousseff. Foto: Roberto Stuckert Filho/Presidência da República

In meiner Kritik am Dünkeldogma von der Politik als schmutzigem Geschäft habe ich darauf hingewiesen, dass in der Geschichte viele Kampagnen gegen angeblich korrupte Politiker von konservativen oder faschistischen Gegnern der Demokratie ausgegangen sind. Ein weiteres aktuelles Beispiel erleben wir gerade in Brasilien – und wieder ist eine Frau das Ziel der Kampagne.

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Politik? Nein, Haus- und Grundbesitz verdirbt den Charakter

Im Buch kritisiere ich, anknüpfend an Axel Eggebrecht, das konservative Dogma „Politik verdirbt den Charakter“. In dieser Form ist es nicht mehr üblich, aber sinngemäß geistert es weiterhin durch zahllose öffentliche und private Debatten, etwa in der Form: „Politiker sind sowieso alle korrupt.“ Oder einfach in Form des gnadenlos schlechten Ansehens, dass der Berufsstand des Politikers besitzt. Eggebrecht widersprach dem Dogma um 1980, indem er einen Satz des österreichischen Politikers Julius Raab aufgriff: „Nicht Politik verdirbt den Charakter, sondern schlechte Charaktere verderben die Politik.“

Am ursprünglichen Dogma ist natürlich etwas dran, weil Politik mit Machtkämpfen verbunden ist… Politik? Nein, Haus- und Grundbesitz verdirbt den Charakter weiterlesen

„Der kleine Mann kann da gar nichts tun.“

In meiner Kritik am Duckmäuserdogma schlechthin gehe ich auch auf die Rolle der Revolutionen in der Weltgeschichte ein. Dagegen kommt von konservativer Seite natürlich der Einwand: „Was bringen Revolutionen? Gewalt und Chaos, Bürgerkrieg, nur damit eine neue Clique von Profiteuren die alte Clique verdrängt…“ Gero von Randow hat sich in der ZEIT vom 20.2.2015 mit diesem Argument ziemlich klug auseinandergesetzt. „Der kleine Mann kann da gar nichts tun.“ weiterlesen