Im internen Chat eines Berufsverbands der Kreativwirtschaft ging es seit Dezember 2022 hoch her: Viele Kolleginnen und Kollegen probierten den KI-Bot ChatGPT aus und tauschten sich über ihre Erfahrungen aus. Eine Kritik an der neuen Technik kam immer wieder auf: die Prognose, die KI werde von Konzernen, Diktatoren und Trollen dazu genutzt werden, gewaltige Fluten von »Fake News« zu erzeugen, die die allgemeine Verwirrung noch weiter steigern werden. Als Historiker und Politologe frage ich: Ist diese Prognose plausibel? Und ist das wirklich das zentrale Problem der KI-Bots?
Wird die KI das Problem der »Fake News« verschlimmern? weiterlesenKategorie: Dünkeldogmen
Nein, die Filterblasen und Echokammern sind nicht schuld
Den seltsamen Widerspruch habe ich schon mehrfach erwähnt: Einerseits heißt es dauernd, die sozialen Medien hielten uns in Filterblasen und Echokammern gefangen, in denen wir nur noch Menschen begegneten, die unsere Meinungen teilen. Andererseits heißt es genauso dauernd, die sozialen Medien hätten zu einer Verrohung der politischen Debatten geführt. Diese beiden Thesen passen einfach nicht zusammen und widersprechen meiner persönlichen Erfahrung, dass Debatten mit verhärteten Fronten genau dann entstehen, wenn ich im Internet mit politischen Gegnern diskutiere, mich also gerade außerhalb meiner angeblichen Filterblase bewege. Das hat 2022 der Amsterdamer Soziologe Petter Törnberg in einer Studie bestätigt.
Nein, die Filterblasen und Echokammern sind nicht schuld weiterlesenDu auch Parallelgesellschaft? Willkommen im Club!
Deutschland gespalten? Das ist gar nicht so.
Der Journalist und Soziologe Jürgen Kaube, Mitherausgeber der FAZ, veröffentlichte 2022 das Buch »Die gespaltene Gesellschaft« und sprach darüber am 12. November 2022 mit dem WDR3 »Mosaik«. Darin bestätigt er meine Sichtweise auf Parallelgesellschaften: Wenn die Migrantenviertel in Essen-Katernberg Parallelgesellschaften sein sollen, dann sind auch die Villenviertel in Essen-Bredeney Parallelgesellschaften.
Du auch Parallelgesellschaft? Willkommen im Club! weiterlesen„Wer arbeiten will, findet auch Arbeit.“ – „Darf ich Sie mal was fragen?“
Wir belauschen ein Leistungsträgergespräch am Nebentisch. Die Herren sind gut gekleidet, gepflegt, kennen die Welt und ihre Pappenheimer und sind sich einig: »Wer arbeiten will, findet auch Arbeit.«
Was soll man darauf antworten? Zum Beispiel das: „Nur darf man nicht gerade zu dem kommen, der diesen Satz spricht; denn der hat keine Arbeit zu vergeben,und der weiß auch niemand zu nennen, der einen Arbeiter sucht.
„Wer arbeiten will, findet auch Arbeit.“ – „Darf ich Sie mal was fragen?“ weiterlesenEin Kampf um die blaue Blume
Der Literaturhistoriker Gunnar Decker, Autor einer Biografie des ostdeutschen Schriftstellers und Kommunisten Franz Fühmann, würdigte die Rolle Fühmanns zu seinem 100. Geburtstag. Fühmann verteidigte in den 1970er Jahren in der DDR die Tradition der deutschen Romantik gegen ihre Gegner, darunter Peter Hacks.
Ein Kampf um die blaue Blume weiterlesenBatman und die rotgrüne Flut
Konservative deutsche Intellektuelle lassen sich mit Vorliebe als mutige und widerständige Helden abfeiern. »Den Rechten ein Ärgernis, den Linken ein Juckpulver«, so hieß es in mehreren Nachrufen auf den Publizisten Karl Heinz Bohrer, obwohl keiner davon eine Episode zu nennen weiß, in denen Bohrers Positionen irgendwelchen Rechten ein Ärgernis gewesen wären. Stattdessen bekam er von FAZ-Herausgeber Jürgen Kaube den Orden »Einer der frühen Kämpfer gegen die Anpassung des Denkens an moralische Gesichtspunkte« angehängt. »Er ist ein Kurt Tucholsky unserer Zeit, mit der Seele eines Clowns.« Springer-Chef Matthias Döpfner gratulierte dem Publizisten Henryk Broder zum 75. Geburtstag, in der »Welt« und ausführlich zitiert vom WDR 20.8.2021.
Batman und die rotgrüne Flut weiterlesenDer Unfug vom binären Denken
Im WDR-Funkhausgespräch stritten am 12. November 2020 der Politologe Karl-Rudolf Korte, die Jungsozialistin Jessica Rosenthal und die Klimaaktivistin Ronja Weil über die »Krise der Parteien« und die Frage, ob eine »Demokratie von unten« an ihre Stelle treten kann. Korte sagte in der Debatte einige kluge Dinge, aber als es darum ging, warum manche Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen, etwa zwischen Coronabesorgten und Coronaignoranten, oft eskalieren, glitt er in ein Dünkeldogma ab: Er führte solche Eskalationen auf die »binäre Logik« der Computer und das damit einhergehende »binäre Denken« der Internetbenutzer zurück.
Der Unfug vom binären Denken weiterlesenEine Herrschaft der Dummen gibt es nicht
Seit dem späten 19. Jahrhundert warnen Sozialdarwinisten in Deutschland vor einer zunehmenden Verdummung der Menschen und einer Machtübernahme der Dummen. Grund sei die höhere Vermehrungsrate der Dummen und die niedrigere der Intelligenten. In der Regel paarte sich diese kulturpessimistische Klage mit der Klage über die Demokratie: Die Demokratie führe zu einer Herrschaft der Dummen (Ochlokratie) und gefährde deshalb den Fortbestand der Kultur. Sie müsse durch eine Oligarchie (Herrschaft der Wenigen) oder Aristokratie (Herrschaft der Besten) ersetzt werden, sagt diejenige politische Strömung, die um 1800 aus der Rechtfertigung der Vorrechte des Adels entstanden ist. Diese beiden Theorien sind durch den Verlauf der Geschichte der letzten 150 Jahre hinreichend widerlegt, um als falsch gelten zu können.
Eine Herrschaft der Dummen gibt es nicht weiterlesenÖko ist nur etwas für Reiche? Ganz im Gegenteil.
Treffen sich zwei Hummerfahrer an der Tankstelle. Sagt der eine: „Hast du schon gehört? Der Schulze hat seine Karre verkauft und fährt jetzt mit dem Fahrrad zur Arbeit.“ Sagt der andere: „Hat der im Lotto gewonnen?“ „Wieso?“ „Na, es heißt doch: Öko ist nur für Reiche.“
Öko ist nur etwas für Reiche? Ganz im Gegenteil. weiterlesenDer Mythos einer Weltregierung – zerlegt in acht Sätzen
Von Jens Jürgen Korff
Die Coronakrise hat eine Flut von Äußerungen ausgelöst, in denen einzelne Demagogen wie Ken Jebsen und Torsten Engelbrecht behaupten, die Seuche sei ein Fake und diene nur dazu, eine “Neue Weltordnung” zu errichten, in der Bill Gates oder andere die komplette Menschheit ihrer Diktatur unterwerfen. Doch ist, mit etwas historischem und politologischem Verständnis betrachtet, eine diktatorische Weltregierung ein Ding der Unmöglichkeit. Aus fünf Gründen.
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