Der Unfug vom binären Denken

Im WDR-Funkhaus­ge­spräch stritten am 12. November 2020 der Polito­loge Karl-Rudolf Korte, die Jungso­zia­listin Jessica Rosen­thal und die Klima­ak­ti­vistin Ronja Weil über die »Krise der Parteien« und die Frage, ob eine »Demokratie von unten« an ihre Stelle treten kann. Korte sagte in der Debatte einige kluge Dinge, aber als es darum ging, warum manche Konflikte zwischen verschie­denen Gruppen, etwa zwischen Coronabe­sorgten und Coronai­gno­ranten, oft eska­lieren, glitt er in ein Dünkel­dogma ab: Er führte solche Eskala­tionen auf die »binäre Logik« der Computer und das damit einher­ge­hende »binäre Denken« der Inter­net­be­nutzer zurück.

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Die Widersprüche der Digitalisierungskritiker

Walter van Rossum moderierte im Herbst 2019 eine Sendung der WDR-Reihe »Guten­bergs Welt« über »digitale Ideale«. Schon gleich am Anfang behaup­tete er, dass es „früher“ noch einen Glauben an den Fortschritt gegeben habe, „heute aber“, wenn es ums Digitale gehe, nur Leerfor­meln gedro­schen würden vom Anschluss, den wir nicht verlieren dürften usw. Offenbar konnte er sich keine utopi­schen Ziele vorstellen, die mit digitalen Techniken gelöst werden könnten. „Die Wonnen des sich selbst befül­lenden Kühlschranks oder die Verhei­ßungen des autonomen Fahrens reißen zwar niemanden vom Hocker, werden aber als Bedin­gungen unseres Überle­bens verkauft.“ Massive Probleme der Digita­li­sie­rung würden verschwiegen. Nämlich dass bis zu 50 % der Arbeits­plätze wegra­tio­na­li­siert werden könnten.

Hmm – haben „früher“ nicht Marxisten stets gejubelt, wenn uns der Fortschritt der Produk­tiv­kräfte von der Last sehr vieler Arbeit befreit hat? Bieten diese 50 % nicht die Chance, die Arbeits­zeit für alle zu halbieren?

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Die Arbeit geht uns aus? Leider nicht.

Das Laster der Faulheit ist nach wie vor verpönt, konsta­tiert Viola Schenz in der Süddeut­schen Zeitung vom 31.12.2017. Das sei ein Anachro­nismus, sagt sie, denn die künftige Arbeits­welt komme ohne Müßig­gang nicht aus: „Arbeit wird weniger. Die Digita­li­sie­rung nimmt uns eine Tätig­keit nach der anderen weg“, behauptet sie. Das dürfte ein Fehlschluss sein.

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