“Der Krieg gegen den Terror ist ein gerechter Krieg.” Wirklich?

Die furcht­baren Mordtaten von Paris beschwören den “Krieg gegen den Terror” wieder herauf, und erfah­rungs­gemäß wird dieser bald als “gerechter Krieg” gehei­ligt werden. Auch die Kriege gegen Hitler, gegen Milosevic, gegen Saddam Hussein, gegen die Taliban und gegen Gaddafi waren ja “gerechte Kriege”. Als Pazifist bestreite ich das und sage: Menschen zu töten ist vielleicht im Einzel­fall gerecht­fer­tigt, aber es kann niemals gerecht sein.

Denn jede Kugel, die im Krieg erfolg­reich verschossen wird, trifft einen Menschen und verschont einen anderen. Wie kann das gerecht sein? War es gerecht, dass die Alliierten Dresden zerstört und Wiesbaden verschont haben? Dass sie nach dem Krieg die Schle­sier aus ihrer Heimat vertrieben und die Bayern oder die Rhein­länder verschont haben?

Aber ist der Unter­schied zwischen “gerecht­fer­tigt” und “gerecht” nicht eine Haarspal­terei? Nein, denn er entscheidet darüber, ob der Krieg als etwas geführt wird, das so schnell wie irgend möglich beendet werden muss, oder als etwas, das sich verewigt, weil es die Herrscher zum Selbst­zweck oder zum unabwend­baren Schicksal der Mensch­heit erklären.

Weitere Dogmen über Krieg und Frieden, die ich im Buch kriti­siere, und die nach Paris oder wegen der Flücht­lings­welle wieder hochko­chen:

  • “Musli­mi­sche Migranten bilden Paral­lel­ge­sell­schaften aus.”
  • “Der Islam ist kriege­risch, strebt nach der Weltherr­schaft, bedroht den Westen, die Frauen und die Freiheit.”
  • “Hitler wurde nicht mit pazifis­ti­schen Prinzi­pien gestürzt, sondern mit überle­genen Waffen.”
  • “Pazifisten sehen zu, wie andere gequält werden.”
  • “Nicht jeder Moslem ist ein Terro­rist, aber jeder Terro­rist ist ein Moslem.”
  • “Der Mensch ist des Menschen Wolf.”
  • “Die Welt ist voller Morden.”

Veröffentlicht von

Jens J. Korff

Historiker, Politologe, Texter, Rheinländer in Westfalen, Sänger, Radfahrer, Wanderer, Naturbursche, Baumfreund, Pazifist

2 Gedanken zu „“Der Krieg gegen den Terror ist ein gerechter Krieg.” Wirklich?“

  1. Hallo,
    meiner Auffas­sung nach eignet sich der Begriff “gerecht” überhaupt nicht dazu, einen Krieg zu charak­te­ri­sieren. Dies gilt in gewissem Maße noch nicht einmal für das Rechts­system. Ein Massen­mörder kann z. B. nicht härter bestraft werden als ein einfa­cher Mörder, was somit “ungerecht” wäre. Die Idee der Gerech­tig­keit hat in der Justiz eher symbo­li­schen Charakter und geht ursprüng­lich auf den Grund­satz der Rache zurück, welcher seinen Sinn aus einer archai­schen Tradi­tion bezieht.

    Natür­lich kann ein Krieg nicht “gerecht” sein, auch nicht der gegen Hitler. Die Bombar­die­rungen deutscher Städte sind es erst recht nicht. Die eigent­liche Frage ist die, ob ein Krieg gerecht­fer­tigt ist. Dies trifft meiner Meinung nach auf den Krieg der Anti-Hitler-Koali­tion gegen Nazi-Deutsch­land grund­sätz­lich zu, auch wenn dies natür­lich nicht alle Gewalt­ex­zesse, die von ihr verübt wurden, einschließt. Das Gleiche gilt für die Vertei­di­gung der Republik im spani­schen Bürger­krieg.

    Auch die Befür­worter der Nato-Kriege (z. B. gegen Serbien oder Libyen) werden ja nicht unbedingt behaupten, dass ihre Kriege “gerecht” seien. Sie halten sie eben “nur” für gerecht­fer­tigt – vielleicht im Sinne eines kleineren Übels – und gestehen sicher zu, dass sie auch Leid, sprich “Kolla­te­ral­schäden”, verur­sa­chen. Die entschei­dende Frage ist doch, ob man dem zustimmt. Sie ist also wesent­lich weniger grund­sätz­li­cher Natur.

    Gruß
    Klaus

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