“Fahrradfahren ist inkonsequent.”

Unter diesem etwas krypti­schen Spruch kriti­siere ich Äußerungen, die routi­ne­mäßig alle Bemühungen abwerten, im eigenen Alltags­ver­halten die Umwelt zu schützen oder sonst etwas Gutes für die Welt zu tun. Ob du mit dem Fahrrad zur Arbeit fährst, mit der Bahn in den Urlaub, Biopro­dukte kaufst, Ökostrom beziehst, fair produ­zierte Kleidung trägst oder gar Mitglied einer Umwelt-Organi­sa­tion bist – das ist, so sagen sie, alles komplett sinnlos, weil inkon­se­quent (denn du tust immer nur eins oder zwei davon, die anderen Dinge nicht), und außerdem ist das mit Bio und fair usw. sowieso alles gelogen. Hier ein aktuelles Beispiel:

Der Roman “Green­wash Inc.” von Karl Wolfgang Flender. Klappen­text:

»›Green­wash, Inc.‹ ist der Roman für alle, die glauben, mit Slowfood und Biokonsum die Welt verbes­sern zu können. Eat this!« 
JAN BRANDT

Pardon, aber: Natür­lich verbes­sere ich mit Slowfood und Biokonsum die Welt. Das kann ich hier in Biele­feld mit eigenen Augen beobachten, denn hier gibt es Biohöfe, und ich kann die Acker­rand­streifen und das Grünland sehen und dort die Wildkräuter und Insekten und Vögel bestimmen. Das kann ich mit den Maisä­ckern und Turbo-Weize­n­ä­ckern im Umland verglei­chen. Solche Romane und die Tendenz mancher Journa­listen, alle Verbes­se­rungen totzu­reden und nur Katastro­phen und Verbre­cher gelten zu lassen, dienen vielen Menschen vor allem als Entschul­di­gung dazu, selber nichts für die Verbes­se­rung zu tun und den Verbre­chern freie Hand zu lassen. Insofern besorgen sie das Geschäft genau der Umwelt- und Natur­zer­störer, die sie scheinbar entlarven.

Flender und Brandt übersehen auch einen wichtigen Hinter­grund: Green­wa­shing gibt es zwar, aber dummer­weise kostet Green­wa­shing Geld. Viel lieber würden die Konzern­herren wie früher einfach die Umwelt zerstören und die Menschen zu Tode ausbeuten, ohne dass ein Hahn danach krähte. Dann bräuchten sie sich mit Green­wa­shing nicht zu beschäf­tigen. Dass sie es heute müssen, liegt ausschließ­lich an den Menschen, die ihrem Treiben entge­gen­ge­treten sind. Die Tatsache, dass Green­wa­shing existiert, ist also ein Indiz für die Stärke der inter­na­tio­nalen Umwelt­schutz-Bewegung.

Das passende Antidogma dazu ist ein alter chine­si­scher Hut der Marke Laoze, der immer noch passt:
Eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit dem ersten Schritt.

Veröffentlicht von

Jens J. Korff

Historiker, Politologe, Texter, Rheinländer in Westfalen, Sänger, Radfahrer, Wanderer, Naturbursche, Baumfreund, Pazifist

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