Der Mythos einer Weltregierung – zerlegt in acht Sätzen

Von Jens Jürgen Korff

Die Corona­krise hat eine Flut von Äußerungen ausge­löst, in denen einzelne Demagogen wie Ken Jebsen und Torsten Engel­brecht behaupten, die Seuche sei ein Fake und diene nur dazu, eine “Neue Weltord­nung” zu errichten, in der Bill Gates oder andere die komplette Mensch­heit ihrer Diktatur unter­werfen. Doch ist, mit etwas histo­ri­schem und polito­lo­gi­schem Verständnis betrachtet, eine dikta­to­ri­sche Weltre­gie­rung ein Ding der Unmög­lich­keit. Aus fünf Gründen.

  1. Der Mythos einer freimau­re­ri­schen Verschwö­rung, die nach Belieben in der ganzen Welt Revolu­tionen und Kriege anzet­telt und Dikta­turen errichtet, ist seit 1797 (Augustin Barruel) in der Welt. Seit 223 Jahren steht die totale Weltherr­schaft einer geheimen Organi­sa­tion angeb­lich unmit­telbar bevor, tritt jedoch niemals ein.
  2. Um 8 Milli­arden Menschen, die sich in über 200 Staaten organi­sieren und in über 2000 Sprach- und Kultur­räume zerfallen, zu kontrol­lieren, müsste eine Weltre­gie­rung aus vielen Millionen Menschen bestehen, könnte also weder geheim bleiben noch jemals einheit­lich sein. Kommu­nis­ti­sche und faschis­ti­sche Parteien, die Herrschaft ausgeübt haben, waren niemals geheim und niemals einheit­lich.
  3. Die histo­ri­sche Praxis der Dikta­turen hat gezeigt, dass wirksame Unter­drü­ckung von Millionen Menschen stets mit der Isolie­rung eines einzelnen Landes nach außen verbunden war: so bei Hitler­deutsch­land, so bei Stalins Sowjet­union, so bei Maos Rotchina, so bei Kims Nordkorea. Diktatur und Weltherr­schaft schließen einander in der Praxis aus. Das liegt daran, dass Dikta­turen stets unter­kom­plex sind.
  4. Der jahrzehn­te­lange Streit um Lösungen für globale Probleme wie Kriege, Klima­schutz, Armut und Seuchen zeigt, wie weit entfernt inter­na­tio­nale Organi­sa­tionen vom Hauch einer Herrschaft sind. Das liegt unter anderem daran, dass militä­ri­sche Gewalt und das Steuer­recht nach wie vor von über 200 natio­nalen Regie­rungen und Parla­menten bestimmt werden.
  5. Aktuelle Versionen der Theorie einer »Neuen Weltord­nung« (Jebsen, Viganò u.a.) entlarven sich selbst als Würfel­spiele, weil sie Einzel­aspekte von Themen, die sehr weit ausein­ander liegen – Herrschafts­prak­tiken chine­si­scher Kommu­nisten, schnell gestrickte Weltret­tungs­pläne einzelner Reicher, langat­mige Programme gemein­nüt­ziger Organi­sa­tionen -, willkür­lich zusam­men­führen, nur damit sie in ein 220 Jahre altes Denkmo­dell passen.

Veröffentlicht von

Jens J. Korff

Historiker, Politologe, Texter, Rheinländer in Westfalen, Sänger, Radfahrer, Wanderer, Naturbursche, Baumfreund, Pazifist

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