Martin Chulov, Nahost-Korrespondent des »Guardian«, berichtete im September 2016 über den mutmaßlichen Niedergang des IS-Djihadismus in Syrien (dt. im Freitag, 15.9.2016). Dort schreibt er, vor allem die terroristische Bedrohung des Westens werde anhalten, denn »die Kämpfer werden mit der Behauptung gelockt, ihre Generation habe das Privileg, … den verloren gegangenen Ruhm des Islam wiederherzustellen«. Es ist also an der Zeit, ihnen diese Aufgabe streitig zu machen. Dafür brauchen wir Ibn Sina, Ibn Rušd und al-Andalus.
In meiner Kritik des Dogmas »Im Mittelalter glaubten die Leute, dass die Erde eine Scheibe sei« (Die dümmsten Sprüche…, S. 164ff) habe ich auf die bahnbrechenden und neuzeitlich anmutenden Erkenntnisse der frühmittelalterlichen Gelehrten Ibn Sina (Avicenna) und Ibn Rušd (Averroës) hingewiesen. Letzterer hat sogar eine Lehre begründet, mit deren Hilfe man auf muslimischer Basis dogmatischen Auslegungen des Koran begegnen kann. Seine Blüte entfaltete die islamische Aufklärung, die islamische Version von geistiger Freiheit und Rationalismus ausgerechnet im tiefsten und späten Mittelalter, nämlich im 12. und 13. Jahrhundert im damals arabisch regierten Andalusien (al-Andalus). Das ist der Ruhm des Islam, den wir Demokraten, Pazifisten und Intellektuelle wiederherstellen können – in Büchern, Bildern, Ausstellungen, Filmen, Diskussionsbeiträgen. So würden wir den Militaristen und Kriegshetzern auf beiden Seiten ein Schnippchen schlagen.