Insgesamt ist das Ergebnis der Europawahl am 9. Juni 2024 schlimm, der befürchtete Rechtsruck ist tatsächlich eingetreten, am schlimmsten in Frankreich. In Deutschland erzielte die AfD knapp 16 % der Stimmen. Das ist meines Erachtens allerdings keine Katastrophe für die deutsche Demokratie, sondern ein eher schwaches Ergebnis.
AfD-Ergebnis unschön, aber keine Katastrophe weiterlesenAutor: Jens J. Korff
Die Wildnis und das Konservative
In der Kontroverse um einen Nationalpark Eggegebirge äußerten ostwestfälische Naturschützerinnen und ‑schützer im Mai 2024 die Hoffnung, konservative Wählerinnen und Wähler von ihrer Gegnerschaft zum Nationalpark abbringen zu können. Warum diese Hoffnung wahrscheinlich verschwendet ist und die Anhänger der Wildnis in die Irre führt, will ich hier ausführen.
Die Wildnis und das Konservative weiterlesenDer Krieg als Vater der Illusionen
Ab 2022 wurden deutsche Kriegstreiber nicht müde, ihre grimmige Freude über das angebliche Zerbrechen von „Illusionen“ der für vergangen und überwunden erklärten Friedenszeit auszudrücken. Der israelische Psychologe und Historiker Eran Rolnik widersprach ihnen in einem Vortrag vor dem Sigmund-Freud-Institut: „Der Kriegt wirkt kontra-analytisch, und nicht nur, weil er etwas Gewaltsames ist, sondern weil er unser Verhältnis zur Humanität entzaubert, unsere Illusionen verstärkt und unbewusste archaische Fantasien auslöst.“
Der Krieg als Vater der Illusionen weiterlesenWenn Antikapitalisten gegen Habeck und den Klimaschutz zu Felde ziehen
Der rötlich schillernde (und dem Autor persönlich bekannte) Kölner Investigativ-Journalist Werner Rügemer hat im Online-Magazin Manova (früher Rubikon) eine große Abrechnung mit dem „Klimaschutzfanatiker“ Robert Habeck und anderen angeblichen „Umwelt-Lügnern“ der Grünen veröffentlicht. Der Artikel strotzt vor irreführenden Halb- und Viertelwahrheiten; die wenigen wirklich bedenkenswerten Kritikpunkte, etwa beim Thema Grundwasser, decken Rügemers Stoßrichtung gegen Habeck und den Klimaschutz nicht. Das Ganze scheint von links zu kommen, reiht sich politisch aber ein in den konservativen Rollback, den die Energiewende-Expertin Claudia Kemfert schon 2017 so charakterisierte: „Das fossile Imperium schlägt zurück.”
Wenn Antikapitalisten gegen Habeck und den Klimaschutz zu Felde ziehen weiterlesenPutin ist kein Hitler, sondern ein Hindenburg
Es wimmelt seit 2022 von Gleichsetzungen des Krieges in der Ukraine mit der Ermordung der Juden durch die Nazis 1941–1945. Sie sind so falsch und irreführend wie alle Shoah-Gleichsetzungen.
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[1] Friedrich II., Von Anton Graff – Originally uploaded to de.wikipedia (All user names refer to de.wikipedia):18:53, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskussion) . . 286 × 350 (17967 Byte)18:51, 24. Nov 2005 . . Caro1409 (Diskussion) . . 286 × 350 (17967 Byte), Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=529840
[2] Wilhelm II. 1888, Von Bundesarchiv, Bild 146−1993−098−12 / Reichard & Lindner / CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=5483581
[3] Hindenburg 1915, Von Original: Nicola Perscheid (1864–1930) – Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz [1], Gemeinfrei, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48026107
[4] Putin 2013, Von Kremlin.ru, CC BY 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=37564928
Montage: Jens Jürgen Korff 2024, via Canva
Stefan Austs Gewaltkultproblem und seine aktuellen Folgen
Der konservative Journalist und »Welt«-Herausgeber Stefan Aust lieferte im Februar 2024 eine historisch anmutende Abrechnung mit dem angeblich grün träumenden »Ampeldeutschland« ab. Der Ökonom und Entwicklungsexperte Helmut Federmann schickte sie mir zu. Der durch und durch konservativ und miltaristisch gestrickten Analyse möchte ich bei fast jedem Satz des bekannten Publizisten widersprechen. Vier Beispiele aus seiner Einleitung:
Stefan Austs Gewaltkultproblem und seine aktuellen Folgen weiterlesenDeutschland ohne Nazis I: Bismarck und Bebel im Finale
Die Nazizeit, sagte AfD-Gauland, war ein Vogelschiss in der deutschen Geschichte. OK, wir schauen uns den Rest der Geschichte an! Deckt er die ewigen Legenden der Konservativen und Deutschnationalen? Oder finden Linksdemokraten und Pazifistinnen dort ihre Wurzeln? Fragen an den Historiker Korff. Im ersten Teil der Serie lässt Korff Bismarck und Bebel gegeneinander antreten.
Deutschland ohne Nazis I: Bismarck und Bebel im Finale weiterlesenVoller Morden? Nein, die Welt ist voller Küsse.

Der britische Philosoph Thomas Hobbes behauptete im 17. Jahrhundert, die Menschheit sei von Natur aus in einen Krieg aller gegen alle verstrickt, und nur dank einiger absoluter Herrscher sei dieser Kriegszustand in vielen Ländern unterdrückt. In anderen Gestalten tauchte das gleiche Dogma seitdem immer wieder auf. Etwa in der Form: “Die Welt ist voller Morden” (Walter Flex 1917). Oder: „Wo man hinschaut: Die Welt brennt an allen Ecken und Enden.“ So geisterte es 2014, hundert Jahre nach Beginn des I. Weltkriegs, durch Kommentare, Moderationen und Facebook-Beiträge.[1] 2023, mit dem Ukrainekrieg und dem neuen Nahostkrieg im Nacken, schien alles noch viel schlimmer geworden zu sein. Doch ich bin geneigt, das Dogma in dieser Form für einen Irrtum zu halten, den man buchstäblich widerlegen kann. Denn jeden, der mich jetzt ungläubig und kopfschüttelnd anstarrt, bitte ich, den Bildschirm für drei Minuten auszuschalten und in dieser Zeit alle Länder aufzuzählen, in denen jetzt, also am heutigen Tage, Menschen im Krieg gestorben sind.
Ja, meine Liebe, mein Lieber – welche Länder sind das?
Voller Morden? Nein, die Welt ist voller Küsse. weiterlesenDas Böse im Auge
Das erste Foto hat mir schon gereicht: eine Schnellstraße, zwei quer stehende, ausgebrannte Autos, aufgerissene Türen. Auf der Fahrbahn liegen, schemenhaft zu sehen, die Leichen der beiden Fahrer. Die Hamas ist im Zentrum des Bösen angekommen. Muss ich irgendwas revidieren? Ich glaube nicht, denn als Pazifist und Friedenskämpfer habe ich diese Truppe und Mörderbande auch vorher schon nicht ausstehen können oder genauer: als feindliche Kraft erkannt.
Das Böse im Auge weiterlesenGibt es einen Wachstumszwang “im Kapitalismus”?
Die Publizistin Annette Schlemm sagte in einer Diskussion in ihrem »Philosophenstübchen«: Der Kapitalismus habe vierzig Jahre Zeit gehabt, einen Weg aus dem Ressourcen- und Klimadilemma zu finden, und habe ihn nicht gefunden. Ist das nicht merkwürdig formuliert? Das klingt so, als wäre »der Kapitalismus« eine Regierung, die wir gewählt haben, oder ein Dienstleister, den wir beauftragt haben und bezahlen. Das klingt so, als gäbe es einen Hohen Rat des Kapitals, der regelmäßig über diese Frage berät und entscheidet. Den gibt es aber nicht. Dazu kommen weitere Einwände: Unternehmen und ganze Branchen können auch schrumpfen, ohne zusammenzubrechen. Die biologische Metapher ist falsch. Selbst Investoren können mit Verlusten leben und haben zuweilen andere Motive als den platten Gewinn. (Foto: Korff)
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