Viele Beobachter fragen sich bang, ob Joe Biden als US-Präsident das heillos zerstrittene Land wieder wird einigen können. Geschickt geht er bereits auf die Republikaner zu, die sich von dem Rüpel abgesetzt haben. Es ist immer richtig, die gefährlichsten Gegner zu isolieren. Doch der Versuch, sich mit dem harten Kern der Trumpisten zu versöhnen, mit jenen 45 % der -ump-Wähler, die den Sturm auf das Kapitol befürworten, ist wohl zum Scheitern verurteilt und wäre auch politisch falsch. Aus drei Gründen – oder soll ich sie nach dem Vorbild von Konfuzius und Sokrates besser als Fragen formulieren? Mal ausprobieren…
Warum eine Versöhnung mit Trumpisten nicht möglich sein wird weiterlesenKategorie: Basta-Dogmen
Eine Herrschaft der Dummen gibt es nicht
Seit dem späten 19. Jahrhundert warnen Sozialdarwinisten in Deutschland vor einer zunehmenden Verdummung der Menschen und einer Machtübernahme der Dummen. Grund sei die höhere Vermehrungsrate der Dummen und die niedrigere der Intelligenten. In der Regel paarte sich diese kulturpessimistische Klage mit der Klage über die Demokratie: Die Demokratie führe zu einer Herrschaft der Dummen (Ochlokratie) und gefährde deshalb den Fortbestand der Kultur. Sie müsse durch eine Oligarchie (Herrschaft der Wenigen) oder Aristokratie (Herrschaft der Besten) ersetzt werden, sagt diejenige politische Strömung, die um 1800 aus der Rechtfertigung der Vorrechte des Adels entstanden ist. Diese beiden Theorien sind durch den Verlauf der Geschichte der letzten 150 Jahre hinreichend widerlegt, um als falsch gelten zu können.
Eine Herrschaft der Dummen gibt es nicht weiterlesenWenn die Freundin sich den Coronaleugnern anschließt
Seit Ende April 2020 decken mich Bekannte, auch Freundinnen, regelmäßig mit den weitergeleiteten Meinungen angeblicher Freiheitskämpfer ein, die in der Corona-Pandemie eine lügnerische Verschwörung von aktuellen oder zukünftigen Diktatoren wittern. Anfangs machte ich mir die Mühe, diese Meinungen zur Kenntnis zu nehmen und ihnen Stück für Stück zu widersprechen. Dann merkte ich: Das ist uferlos und bringt mich von meinen eigenen Themen ab. Was also tun?
Wenn die Freundin sich den Coronaleugnern anschließt weiterlesenDer Mythos einer Weltregierung – zerlegt in acht Sätzen
Von Jens Jürgen Korff
Die Coronakrise hat eine Flut von Äußerungen ausgelöst, in denen einzelne Demagogen wie Ken Jebsen und Torsten Engelbrecht behaupten, die Seuche sei ein Fake und diene nur dazu, eine „Neue Weltordnung“ zu errichten, in der Bill Gates oder andere die komplette Menschheit ihrer Diktatur unterwerfen. Doch ist, mit etwas historischem und politologischem Verständnis betrachtet, eine diktatorische Weltregierung ein Ding der Unmöglichkeit. Aus fünf Gründen.
Der Mythos einer Weltregierung – zerlegt in acht Sätzen weiterlesenWarum Rockefeller? Warum Gates? Hetzer und ihre Hexen
Im April und Mai 2020 eskalierten plötzlich die Proteste gegen das Seuchenregime der Bundesregierung – seltsamerweise genau in dem Moment, als es zu bröckeln begann und die ersten Lockerungen wirksam wurden. Oder auch nicht seltsam: Schon so manche Revolte wurde nicht von der Tyrannei eines Regimes ausgelöst, sondern von seinem Wanken. Bürgerrechtler, Anarchisten, Impfgegnerinnen, Konservative und Sektiererinnen gruppierten sich zur Phalanx gegen zwei gemeinsame Erzfeinde: Christoph Drosten und Bill Gates. Die neue avirale Szene griff auf Hellebarden und Vorderlader der alt-antisemitischen Armee zurück.
Warum Rockefeller? Warum Gates? Hetzer und ihre Hexen weiterlesenMit Beethoven gegen die Folter
Künstler können die Welt nicht verändern? Das kann man anders sehen. Der britische Evolutionspsychologe Steven Pinker ging in dem 2011 erschienenen Mammutwerk »Gewalt« der Frage nach, warum sich in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts in Europa eine Kultur des Mitleids, der Empathie ausbreitete (damals Empfindsamkeit genannt) und dafür sorgte, dass die Folter stark eingeschränkt wurde, dass die Todesstrafe auf wenige Verbrechen beschränkt wurde, dass öffentliche Hinrichtungen als Schauspiel aus der Mode kamen und dass das vorher übliche Einkerkern von Verschuldeten in Schuldtürmen in vielen Ländern beendet wurde. Pinkers These dazu hört sich gewagt an: Das hing mit der gleichzeitig stark zunehmenden Verbreitung von Romanliteratur und – ich ergänze – thematisch ähnlichen Dramen und Opern zusammen.
„Die Zielscheibe ist eindeutig faschistisch“
Ein Diskurs über Hopp, Hoffenheim und die Dortmunder Ultras
BALLO: Was hältst du von der Aufregung im Fußballzirkus wegen der Beleidigung des Milliardärs Dietmar Hopp? Ist das nicht arg übertrieben, was Rummenigge und andere da jetzt veranstalten?
„Die Zielscheibe ist eindeutig faschistisch“ weiterlesenFünf Thesen zu #Thüringen
Das hysterische Geschrei um die Ereignisse in Thüringen überschritt im Februar 2020 sämtliche Lärmschutz-Grenzwerte. Geht das Ganze auch eine Nummer bedächtiger? Ich versuch’s mal mit fünf Klarstellungen, die mir wichtig erscheinen.
- Kemmerich ist kein Faschist, sondern ein Liberaler. Seine Wahl ist keine Machtergreifung. Er trachtet niemandem nach dem Leben.
- Höcke ist zwar ein Faschist, aber die AfD als Ganzes ist keine faschistische Partei, sondern eine nationalkonservative.
- Nationalkonservativ zu sein wie die AfD ist schlimm genug. Alle Nazivergleiche sind falsch, weil sie die Naziverbrechen verharmlosen. Die AfD ist vielmehr mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) zu vergleichen.
- Der Landtag wurde so gewählt, wie er ist. Das haben wir als Demokraten zu respektieren. Die Wähler haben gesprochen.
- Eine Auflösung des Landtags wäre eine Dummheit, weil bei Neuwahlen die AfD wahrscheinlich noch stärker wird. Das bitte aus Weimar lernen!
Die Widersprüche der Digitalisierungskritiker
Walter van Rossum moderierte im Herbst 2019 eine Sendung der WDR-Reihe »Gutenbergs Welt« über »digitale Ideale«. Schon gleich am Anfang behauptete er, dass es „früher“ noch einen Glauben an den Fortschritt gegeben habe, „heute aber“, wenn es ums Digitale gehe, nur Leerformeln gedroschen würden vom Anschluss, den wir nicht verlieren dürften usw. Offenbar konnte er sich keine utopischen Ziele vorstellen, die mit digitalen Techniken gelöst werden könnten. „Die Wonnen des sich selbst befüllenden Kühlschranks oder die Verheißungen des autonomen Fahrens reißen zwar niemanden vom Hocker, werden aber als Bedingungen unseres Überlebens verkauft.“ Massive Probleme der Digitalisierung würden verschwiegen. Nämlich dass bis zu 50 % der Arbeitsplätze wegrationalisiert werden könnten.
Hmm – haben „früher“ nicht Marxisten stets gejubelt, wenn uns der Fortschritt der Produktivkräfte von der Last sehr vieler Arbeit befreit hat? Bieten diese 50 % nicht die Chance, die Arbeitszeit für alle zu halbieren?
Die Widersprüche der Digitalisierungskritiker weiterlesenDer umgedrehte Hobbes: Jäger und Sammler waren nicht kriegerisch, sondern solidarisch
Der immer noch häufig zitierte britische Philosoph Thomas Hobbes behauptete 1651 in seinem staatstheorethischen Werk »Leviathan«, die Menschen im Naturzustand hätten einen Krieg aller gegen alle (bellum omnium contra omnes) geführt. Diese These warf eigentlich immer schon die Frage auf, wie die Menschheit diesen lebensgefährlichen Zustand über Zehntausende von Jahren hinweg überlebt haben soll. Dass an Hobbes‘ Theorie und Basta-Dogma nichts dran ist, zeigen neuere Erkenntnisse von Anthropologen und Genetikern, die Carel van Schaik und Kai Michel 2016 zusammentrugen.
Der umgedrehte Hobbes: Jäger und Sammler waren nicht kriegerisch, sondern solidarisch weiterlesen