Fünf Thesen zu #Thüringen

Das hyste­ri­sche Geschrei um die Ereig­nisse in Thüringen überschritt im Februar 2020 sämtliche Lärmschutz-Grenz­werte. Geht das Ganze auch eine Nummer bedäch­tiger? Ich versuch’s mal mit fünf Klarstel­lungen, die mir wichtig erscheinen.

  1. Kemme­rich ist kein Faschist, sondern ein Liberaler. Seine Wahl ist keine Macht­er­grei­fung. Er trachtet niemandem nach dem Leben.
  2. Höcke ist zwar ein Faschist, aber die AfD als Ganzes ist keine faschis­ti­sche Partei, sondern eine natio­nal­kon­ser­va­tive.
  3. Natio­nal­kon­ser­vativ zu sein wie die AfD ist schlimm genug. Alle Naziver­gleiche sind falsch, weil sie die Naziver­bre­chen verharm­losen. Die AfD ist vielmehr mit der Deutsch­na­tio­nalen Volks­partei (DNVP) zu verglei­chen.
  4. Der Landtag wurde so gewählt, wie er ist. Das haben wir als Demokraten zu respek­tieren. Die Wähler haben gespro­chen.
  5. Eine Auflö­sung des Landtags wäre eine Dummheit, weil bei Neuwahlen die AfD wahrschein­lich noch stärker wird. Das bitte aus Weimar lernen!
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War Macrons Vorstoß zum Regenwald kolonialistisch? Nein, wenn…

…ähnliche Vorstöße auch umgekehrt möglich sind, von Latein­ame­rika nach Europa. Emmanuel Macron hatte zum brennenden brasi­lia­ni­schen Regen­wald spontan gesagt: „Unser Haus brennt!“ Er hat als franzö­si­scher Staats­prä­si­dent ein Wir benutzt, das die ganze Mensch­heit umfasst; ein Appell, den wir sonst vor allem von inter­na­tio­nalen Umwelt­organisationen kennen. Sein brasi­lia­ni­scher Wider­sa­cher Jair Bolso­naro empörte sich wie einst Erich Honecker über eine „Einmi­schung in innere Angelegen­heiten Brasi­liens“. Vielleicht zurecht?

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“Die Politik hat versagt”? Falscher Sprachgebrauch

Mit Politik war bis ins frühe 21. Jahrhun­dert in der Regel ein Tätig­keits- und Inter­es­sen­ge­biet der Menschen gemeint. Politik war etwas, das man macht; genauer: etwas, das in einer Demokratie sogar jeder von uns machen kann. „Politik machen“ hieß: sich um Angele­gen­heiten des Staates, der Gesell­schaft, des öffent­li­chen Zusam­men­le­bens der Menschen kümmern; sich infor­mieren, sich eine Meinung bilden, diese Meinung öffent­lich äußern, mitdis­ku­tieren, Vereine bilden, demons­trieren, abstimmen, wählen, kandi­dieren. Um 2005 änderte sich die Bedeu­tung des Wortes Politik. “Die Politik hat versagt”? Falscher Sprach­ge­brauch weiter­lesen

Zwölf Ideen für die Revolution 2019, Baujahr 1919

Im Februar 2019 habe ich, um des hundertsten Jubiläums der deutschen Novem­ber­re­vo­lu­tion zu gedenken, in Biele­feld eine Lesung von Texten damaliger Revolu­tio­nä­rinnen und Revolu­tio­näre veran­staltet. Im Anhang meines Textbu­ches habe ich versucht, Ideen dieser Menschen auf die heutige Zeit anzuwenden. Heraus­ge­kommen sind zwölf Betrach­tungen:

  1. Export­welt­meister? Kein Grund, stolz zu sein (nach Kurt Tucholsky)
  2. Arbeiten oder Schuften? (nach Kurt Tucholsky)
  3. Arbeits­lose, aufge­passt! (nach Ret Marut al. B. Traven)
  4. Aufrüs­tung als epilep­ti­scher Anfall (nach Hugo Haase)
  5. Gewalt kann nichts Heiliges schaffen (nach Ernst Toller)
  6. Zahlen sind oft ziemlich dumm (nach Alfons Goldschmidt)
  7. Empathie kommt aus der Distanz heraus (nach Gustav Landauer)
  8. Warum der NC eine saublöde Idee ist (nach Kurt Eisner)
  9. Macht ohne Geist ist hohl (nach Klabund)
  10. Revolu­tion ist Schwes­tern­sache (nach Rosa Luxem­burg)
  11. Politik ist Kunst, und Kunst ist Radau (nach Kurt Eisner und Richard Huelsen­beck)
  12. Lebens­kunst für Regime­kri­ti­ke­rinnen (nach Rosa Luxem­burg, Erich Mühsam, Hannah Arendt)
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Spengler, Spengler über alles!

Der hessi­sche Germa­nist Albrecht Betz (seit 1985 Professor in Aachen) schrieb 2012 einen kriti­schen Essay über Oswald Spengler und seinen begriffs­bil­denden Klassiker »Der Unter­gang des Abend­landes« als Beispiel für Endzeit-Szena­rien.  Obwohl er Dutzende völlig aberwit­ziger und grauen­hafter Gedanken Speng­lers ausführ­lich zitiert und exzer­piert, also viel nützli­ches Material für eine Spengler-Kritik angehäuft hat, raffte sich Betz zu keinerlei inhalt­li­cher Kritik auf und zitiert auch keine Kritik eines anderen. Die hanebü­chenen Wider­sprüche in Speng­lers natio­nal­kon­ser­va­tiver Ideologie ließ Betz unkom­men­tiert stehen. Ich hake ein wenig nach. Spengler, Spengler über alles! weiter­lesen

Finde die Wahrheit über Barschel, Diana, Möllemann und Haider

Uwe Barschel wurde ermordet.“ Prinzessin Diana, Jürgen Mölle­mann und Jörg Haider natür­lich auch. Oder: „Die wahren Hinter­gründe der Ereig­nisse sind geheim, und alle ‚offizi­ellen Versionen‘ sind gelogen.“ Gegen nervige Verschwö­rungs­theo­rien dieser Art hilft eine mittel­al­ter­liche Waffe – nämlich Ockhams Rasier­messer. (Dieser Artikel beruht auf einem Kapitel in meinem Buch.)
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AfD-Mitglieder aus Fußballvereinen ausschließen? Besser nicht.

“Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbre­chen.” (Dogma)

Die Kampf­pa­role der deutschen Antifa-Szene hat die Form eines Basta-Dogmas. Sie diente 201718 dazu, Partei­tage der natio­nal­kon­ser­va­tiven Partei AfD zu blockieren. Einen merkwür­digen Höhepunkt erlebte sie Anfang 2018 in dem Streit um den Fußball­verein Eintracht Frank­furt. Der Vereins­ma­nager Peter Fischer hatte gefor­dert, alle AfD-Mitglieder pauschal aus dem Verein auszu­schließen, mit dem Hinweis auf einen Satzungs­ar­tikel, der rassis­ti­sches Verhalten als vereins­schä­di­gend einstuft. Als er dafür angegriffen wurde, traten ihm organi­sierte Antifa­schisten zur Seite und begrün­deten das u. a. mit dem hier unter­suchten Dogma. Ich wider­spreche mit zwei Einwänden. AfD-Mitglieder aus Fußball­ver­einen ausschließen? Besser nicht. weiter­lesen

Welchen Sinn die Randale in Hamburg hatte – und welche Konsequenzen wir, die pazifistischen Linken, daraus ziehen müssen.

Katja Kipping und andere Linke beklagten sich über die »sinnent­leerte Gewalt in Hamburg«. Einige der militanten „Links­ra­di­kalen“, die dort den Bürger­krieg geprobt haben, waren militä­risch so gut organi­siert, dass die Polizei keine Chance hatte, sie zu stoppen. Details darüber bringt die Repor­tage »Der Mob« in der »Zeit« vom 15.7.2017. Zugleich ist festzu­stellen, dass die Botschaften der fried­li­chen Demons­tranten zum G20 in den Medien und sogar in den Diskus­sionen, die „wir Linken“ jetzt führen, praktisch unter­ge­gangen sind. Es ist an der Zeit, an dieser Stelle 1 und 1 zusam­men­zu­zählen: Genau das war offenbar der Sinn der Attacken auf Altona und das Schan­zen­viertel. Welchen Sinn die Randale in Hamburg hatte – und welche Konse­quenzen wir, die pazifis­ti­schen Linken, daraus ziehen müssen. weiter­lesen

Haben die Linken versagt? Steht eine Revolution vor der Tür, und wir haben’s nicht gemerkt?

Nils Markwardt fragte im August 2016 im »Freitag«: »Wo bleibt der Stolz? Wenn die Linken die „kleinen Leute“ noch errei­chen wollen, müssen sie ihre Sprache ändern« (Nr. 32, 11.8.2016). Unter Berufung auf Didier Eribons Buch »Rückkehr nach Reims« und Daniele Gigliolis Buch »Die Opfer­falle« führt er aus, dass Rechts­po­pu­listen und Faschisten (Donald Trump, Front National, AfD) den Linken vor allem in der klassi­schen Arbei­ter­klasse, bei den Indus­trie­ar­bei­tern, den Rang ablaufen, weil sie ihnen positive Identi­fi­ka­ti­ons­an­ge­bote machen, das „völki­sche Phantasma“, und dabei an ein tradi­tio­nelles Klassen­be­wusst­sein anknüpfen, das die Linken längst aufge­geben haben. Aller­dings sehe ich die poten­ziell revolu­tio­näre Klasse woanders als Markwardt und Eribon. Haben die Linken versagt? Steht eine Revolu­tion vor der Tür, und wir haben’s nicht gemerkt? weiter­lesen

Ist Trump ein Faschist, ein Demagoge oder ein Populist?

Jakob Augstein sagte im »Freitag« vom 10.11.2016, Donald Trump sei ein Faschist. Die meisten deutschen Beobachter bevor­zugten bislang das Epitheton Populist. Konrad Ege fand in der gleichen »Freitag«-Ausgabe die Bezeich­nung »reaktio­närer Demagoge«. Eigent­lich komisch, dass das gute alte Wort »Demagoge«, das doch schon das gleiche sagte, nur schärfer, durch das zweischnei­dige, weich­gespülte Wort »Populist« verdrängt wurde. Aber zunächst zum Faschisten. Hat Augstein Recht? Ist Trump ein Faschist, ein Demagoge oder ein Populist? weiter­lesen